11. Schwäbische Meisterschaft und Deutscher Schülercup

Nachwuchs in Lauerstellung

Grasemann in Sotschi – Zwei schwäbische Meister für Albstadt

Zollernalbkreis, 15.02.2014 von Frank D. Engelhardt (Zollern-Alb Kurier)

Das olympische Feuer brennt heiß in Sotschi, seit über einer Woche greift das Wintersportfieber mehr und mehr um sich. Doch auch direkt vor unserer Tür sammeln derzeit (Nachwuchs-) Athleten kräftig Medaillen.

Donnerstag, 6. Februar, 15 Uhr Ortszeit. Die weiblichen Ski-Freestyler sind im russischen Sotschi gefragt. Noch bevor die offizielle Eröffnungsfeier über die Bühne geht, müssen die Buckelpisten-Fahrer die erste Qualifikation überstehen. Unter den Artisten auf zwei Brettern ist auch Laura Grasemann vom SC Wiesloch. Sie ist die erste Starterin der 153-köpfigen Delegation aus Deutschland – ihr olympischer Traum bleibt allerdings bereits zwei Tage später in der zweiten Quali hängen. Grasemann verpasst um Haaresbreite den Einzug ins Finale. „Ich bin schon enttäuscht. Es wäre definitiv mehr drin gewesen“, gibt sie danach zu Protokoll. Eine Einschätzung, die auch Armin Weiß teilt. Der Albstädter Trainer hat mit Grasemann am Freitag vor dem Wettkampf noch telefoniert, ist mit ihr akribisch Videos durchgegangen, die sie von ihren Wettkämpfen in Amerika mitgebracht hatte. Seit gut sieben Jahren kennt Weiß die mittlerweile 21-Jährige und betreut sie soweit es die Entfernung zu ihrer Heimat Heidelberg und ihr Studium in München zulassen. „Im Vorfeld zur Olympiade stand ich über Videoanalyse und Telefon mit ihr in Verbindung, um vor allem die Sprünge nochmals zu besprechen“, erzählt der Sportwart des Freestyle-Clubs Zollernalb. Doch am Ende brachte ein kleiner Fehler die Olympionikin aus ihrem Konzept und katapultierte sie schließlich aus dem Wettbewerb.

Die Tücken, mit denen sich die Freestyler auf der Piste herumschlagen müssen, sind dem 51-Jährigen wohl bewusst, fuhr er in seiner aktiven Zeit doch so manchen internationalen Titel ein. Für Podestplätze und Medaillen sorgen heutzutage seine Schützlinge, die er in Albstadt und in den Alpen trainiert. Der Saisonstart 2014 war etwas müßig, das erste Rennen in Sudelfeld musste aufrund von schlechten Wetterbedingungen abgesagt werden. Beim zweiten Termin Anfang Februar überzeugten seine Athleten dagegen vom Fleck weg. Am Feldberg wurden dabei gleich zwei Fliegen mit einer Klappe erledigt. Zum einen fand ein Lauf zum Deutschen Schüler-Cup statt, andererseits wurden die schwäbischen Meister gekürt.

Beim DSV-Schülercup holte Emma Weiß vom Freestyle-Club Zollernalb in der Altersklasse U 14 im Vielseitigkeitslauf einen zweiten Platz, auf der Buckelpiste war die älteste Tochter von Armin Weiß gar nicht zu schlagen und holte Gold. Ebenfalls ganz nach oben aufs Podest langte es ihrem Teamkameraden Adrian Schlegel auf der Buckelpiste. Im Vielseitigkeitslauf kam er dagegen nur auf Rang vier. Ein Sieg gelang Pauline Weiß bei den U 12 zwar nicht, aber Silber (Buckelpiste) und Bronze (Torlauf) sind aller Ehren wert. Einen rundum gelungenen Wettkampf stellte die Albstädter Freestyler-Schmiede bereits tags zuvor auf die Skier. Bei den Titelkämpfen zu den schwäbischen Meisterschaften, die ebenfalls am Feldberg ausgetragen wurden, holte die Truppe von Coach Armin Weiß mehrere Medaillen und Titel. Während bei den weiblichen U 12 Pauline Weiß sich noch mit Silber zufriedengeben musste, holte ihre ältere Schwester Emma Weiß bei den U 14 souverän den Titel. Ebenfalls schwäbischer Meister 2014 darf sich in der männlichen Jugend Markus Isenmann nennen, der Bitzer sorgte für das zweite Gold für die Farben des Freestyle-Clubs Zollernalb. Sein Teamkamerad Dominik Mehnert holte in der gleichen Altersklasse Bronze. Adrian Schlegel rundete schließlich das positive Gesamtbild der Albstädter Truppe mit einem ersten Platz in der Altersgruppe U 16 ab. Der Laufener war bereits Vorläufer beim Europa-Cup und stellte auch im Schwarzwald seine Qualitäten unter Beweis.

Zur erfolgreichen SSV-Mannschaft gehören außerdem noch Felix Neidhart und Ann-Kathrin Bopp. Was bei den Olympischen Spielen passiert, verfolgen die Nachwuchsathleten gespannt – teilweise sogar gemeinsam. Nicht verwunderlich, denn „bis vor einem Jahr hat Laura regelmäßig unser Stützpunkttraining Akrobatik genutzt, um vorwärtszukommen – so haben die Athleten und ich eine gute Verbindung zu ihr“, betont Weiß. Keine Frage also, dass auch Laras Olympiaauftritt interessierte. „Am vergangenen Samstag hatten wir ein Stützpunkttraining im Bereich Akrobatik, die Pause nutzten wir, um bei Adrian Schlegel, ein Nachwuchskadermitglied, die zweite Qualifikation in der Buckelpiste anzuschauen und mit Laura Grasemann mitzufiebern“, erzählt Armin Weiß und ergänzt: „Für das deutsche Freestyle war die Nominierung von Laura sehr wichtig; wir hätten sie natürlich gerne im Finale nochmals gesehen, aber der Lauf war nicht ohne Fehler, so dass das Kampfgericht seine Möglichkeit der Abzüge in die Wertung einbrachte und Platz zehn so nicht zu erreichen war.“

Was Balletttraining mit Buckelpistenfahren zu tun hat, erklärt der erfahrene Trainer gerne: „Eine klassische Ballettausbildung, wie dies meine Töchter erhalten, bringt vor allem im Bereich Bewegungsgefühl Vorteile, um Trainingsin- halte schneller und präziser umzusetzen.“ Langfristig könne der Aspekt der Ästhetik und Präsentation, wie es in einem Balletttraining der Fall sei, für eine bessere Performance der Wettkämpfe sorgen, da Freestyle eine zu 75 Prozent bewertete Sportart sei. „Ich selbst konnte und kann über das Erringen des Bewegungsgefühls des klassischen Tanzes Bewegungsabläufe besser verstehen und entsprechend schnellere, präzisere Lernfortschritte erzielen, da komplexe Bewegungsmuster verwandte Grundprinzipien haben“, bemerkt Armin Weiß. Und wer sich einen solchen Wettkampf schon einmal angeschaut hat, kann sich vorstellen, wie schwierig das Erlernen solcher Küren sein muss.


INTERVIEW

Sehr vielseitige Anforderungen

Armin Weiß ist nicht nur Sportwart beim Freestyle-Club Albstadt, sondern auch mannigfaltig als Trainer gefragt. Mit dem ehemaligen Weltklasse-Athleten sprach unser Redaktionsmitglied Frank Engelhardt.

Herr Weiß, als Trainer sind Sie in der Freestyler-Szene vielseitig unterwegs – erzählen Sie!

ARMIN WEISS: Zum einen bin ich Landestrainer für den Schwäbischen Skiverband (SSV) und leite den Freestyle-Buckel-Stützpunkt Albstadt. Zusätzlich werde ich als Honorartrainer für den Schwerpunkt Akrobatik für den Deutschen Skiverband (DSV) eingesetzt, da einige Kaderathleten regelmäßig bei mir im Stützpunkt trainieren. Weiterhin läuft momentan ein Projekt mit dem DTB im Bereich Trampolin, bei dem ich im Leistungsstützpunkt Ruit für vier Kaderathleten klassisches Ballett im Grundlagenbereich unterrichte.

Welche Erfolge haben Sie gefeiert?

WEISS: Ich war bis 1994 im A-Kader des DSV im Bereich Freestyle – Skiballett und habe 1992 in Albertville den DSV bei den Olympischen Winterspielen vertreten. Ballett war damals als Demodisziplin auf-genommen. Während meiner Weltcupzeit konnte ich mich von 1990 bis 1994 unter die besten acht einreihen, mein erfolgreichstes Jahr war 1991 als Vierter im Gesamtweltcup. Ich bin Vizeeuropameister und siebenfacher deutscher Meister im Skiballett, habe in Lake Placid und Nagano (Japan) Platz eins im WC belegt. Damals waren noch alle drei Disziplinen (Buckel, Springen, Ballett) vertreten und es gab auch eine Kombinationswertung aus allen drei Disziplinen. Heute wird im DSV nur noch Buckelpiste betrieben.

Ist die Szene noch vergleichbar?

WEISS: Eine große Entwicklung kam in der Buckelpiste mit der Einführung der Überkopfmanöver, bis vor rund zehn Jahren waren nur Aufrechtsprünge erlaubt. So muss heute ein Buckelathlet auch ein hervorragender Akrobat sein, exzellente Skitechnik ist Grundvor-aussetzung. Deshalb muss in der Nachwuchsarbeit perfekt in Akrobatik, Athletik und Trampolinspringen gearbeitet werden. Da wir auf der Alb nur mit viel Aufwand genügend Schneetage erreichen, lege ich seit Jahren viel Wert auf diesen Bereich, um zumindest einen Teil zu kompensieren und im Schnee effektiver zu arbeiten.

Ein ganze Latte an Terminen stehen bis zum Saisonabschluss in Oberjoch an

Sportarten, die normalerweise nicht so im Mittelpunkt des Medieninteresses stehen, bekommen dank der Olympischen Winterspiele derzeit viel Aufmerksamkeit. Über die Fernseher auf der ganzen Welt flackern Bilder jener Athleten, die ihren ganz großen Traum in Sotschi leben dürfen. Interessanterweise rücken dadurch auch Menschen in den Fokus, die seit Jahren fast unbemerkt in unserer unmittelbarer Umgebung agieren.

So wie Laura Grasemann. Die baden-württembergische Freestylerin ist eng mit dem Zollernalbkreis verbandelt, der Albstädter Trainer Armin Weiß kennt die Olympionikin seit gut sieben Jahren. Die mittlerweile 21-Jährige hat bis vor einem Jahr regelmäßig auf der Alb vorbeigeschaut, um im Stützpunkttraining Akrobatik ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Und auch heute noch steht Grasemann mit dem Albstädter Coach in Kontakt.

Das Vereinstraining des Freestyle-Club Zollernalb findet dienstags von 19 bis 22 Uhr in der Laufener Halle statt – und zwar unter der Aufsicht von Armin Weiß und Jugendtrainer Achim Mehnert.„Über das Jahr hindurch sind wir über den Sommer auf der Wasserschanze in Mettmenstetten (Schweiz) zu finden, im Herbst fahren wir auf den Gletscher und ab Dezember sind wir im Montafon (Österreich) anzutreffen“, so Weiß.

„Ab Januar sind wir dann an den verschiedenen Wettkampforten zu Schülercups und Deutschlandpokalen“, sagt Weiß. Am 23. Februar steht nun das DSC-Finale in Lenggries an, eine Woche später steigt dort der Deutschlandpokal (DP). Das DP-Finale (8./9. März) und die Buckelpisten-DM (22./23. März) sind als FIS-Rennen angelegt und finden auch in Lenggries statt. Ein DP-Rennen (29./30. März) in Oberjoch bildet den Abschluss.


Schwäbische Meister 2014

Damen: Emma Weiß
Herren: Markus Isenmann

 

Ergebnisse und Fotos des Wettkampfes unter www.freestyleski.de.

Link zum Artikel im ZAK: http://zak.de/artikel/198376/Zollernalbkreis-Nachwuchs-in-Lauerstellung